Aktionstag Verkehrssicherheit 2021 in Vilshofen

Vilshofen. 60 km/h sind eigentlich nicht schnell. Auf rutschiger, schnee- und eisglatter Fahrbahn ist es trotzdem nicht einfach, einem Hindernis auszuweichen. Das stellten 27 junge Feuerwehrkameraden aus ganz Bayern fest, die am Samstag am Verkehrsaktionstag der Jugendfeuerwehr Bayern auf dem Verkehrslandeplatz in Vilshofen teilgenommen.

Der Verkehrsaktionstag der Jugendfeuerwehr Bayern wird landesweit an drei Standorten angeboten, neben Kitzingen und Mühldorf seit einigen Jahren auch in Vilshofen. „Mir persönlich und der Jugendfeuerwehr Bayern ist dieser Aktionstag sehr wichtig, weil wir den Jugendlichen einen Mehrwert in ihrer Ausbildung bieten können, in diesem Fall im Zusammenhang mit sicherem Fahren auf der Straße“, sagt Robert Anzenberger, Bezirksjugendfeuerwehrwart und zugleich Kreisjugendfeuerwehrwart im Landkreis Passau. Mit Hilfe der Trainingseinheiten beim Verkehrsaktionstag können die Jugendlichen Grenzsituationen auf der Straße erproben und üben, wie sie in gefährlichen Situationen richtig reagieren können.

Dazu hat das Team der Fahrschule Prenissl auf der Landebahn einen Parcours aufgebaut, in dem die Jugendlichen Slalomfahrten, Bremsübungen und Ausweichmanöver testeten. „Mit 60 km/h durch die Slalomstangen, das geht grade noch“, sagt Maria Riglsperger von der Jugendfeuerwehr Vornbach am Inn. Auf trockener Fahrbahn haben die meisten Jugendlichen, die alle den Führerschein für begleitetes Fahren haben, die Autos meist gut unter Kontrolle halten. Auch mit den Ausweichfahrten klappt es ganz gut.

Schwieriger wird es beim „Schlechtwetterfahren“: Dafür wässern die Kameraden der Feuerwehr Sandbach eine Plane und sorgen mit Spülmittel dafür, dass die Fahrbahn schön rutschig wird. Dann dürfen die Jugendlichen Bremstests machen – und so mancher Verkehrsleitkegel lernt dabei das Fliegen. „Beim ersten Mal auf dem Trockenen hats noch gut geklappt, aber einmal bin ich drüber gesaust“, erzählt Lea Wiesenbauer, ebenfalls JF Vornbach.

Auch das Ausweichmanöver auf rutschiger Fahrbahn hinterlässt Eindruck bei den Jugendlichen, die zu Beginn des Trainings eine theoretische Einweisung bekommen haben. Dabei lernten die Jugendlichen unter anderem, wie wichtig die richtige Sitzposition, die korrekte Lenktechnik oder Blickführung sind. Fahrlehrer Michael Prenissl erklärte, wie Beschleunigungs-, Brems- und Lenkkräfte auf das Auto wirken. „Wichtig ist, dass die Fahranfänger ein Verständnis für fahrphysikalische Auswirkungen bekommen. Im normalen Fahrunterricht ist das so nicht möglich“, sagt der Instruktor. Er hat das Konzept für den Verkehrsaktionstag der Jugendfeuerwehr Bayern entwickelt, der neben der theoretischen Einheit viele Fahr- und Praxisübungen umfasst. Dafür bietet sich das Gelände des Verkehrslandeplatzes an – dort lassen sich unterschiedliche Situationen auf griffigem Untergrund und rutschiger Fahrbahn gut darstellen.

Großen Eindruck hinterlässt bei den Jugendlichen auch eine Übung zum Einschätzen des Bremswegs. Dabei müssen die Jugendfeuerwehrleute den Bremsweg eines Fahrzeugs einschätzen, das aus 110 km/h zum Stillstand abbremst. „Die meisten schätzen den Bremsweg deutlich zu gering ein“, weiß Michael Prenissl – das bestätigt sich auch bei den Teilnehmern in Vilshofen. Und wie wirkt sich die Handynutzung am Steuer auf den Bremsweg? Auch das zeigt Michael Prenissl – dort, wo das Fahrzeug ohne Handynutzung bereits steht, hat er mit Handy noch 70 km/h auf dem Tacho.

Am Fahrsimulator in der Flugzeughalle dürfen die Jugendlichen noch weitere Grenzsituationen ausprobieren. Zum Beispiel einen plötzlichen Wildwechsel oder eine Alkoholfahrt mit 1,6 Promille. Verminderte Reaktionszeit, unsicheres Lenkverhalten, eingeschränkte Sicht: „Das geht gar nicht“, stellt Mario Edholzer, Mitglied der Jugendfeuerwehr Sandbach, fest. Damit hat Michael Prenissl sein Ziel erreicht: „Jedes Jahr sterben 600 Menschen bei alkoholbedingten Unfällen. Unser Training soll bei den Jugendlichen das Bewusstsein dafür schärfen.“

Interessant finden die Jugendlichen auch, ihr Bremsverhalten beim Wildwechsel zu testen und das Fahrverhalten der Autos auf unterschiedlichen Fahrbahnverhältnissen zu erkunden. „Solche Situationen kann man im Alltag ja nicht ausprobieren“, sagt Mario Edholzer.

Den Abschluss des Aktionstages bilden dann Verfolgungsfahrten. „Dabei stellen wir eine Autobahnsituation nach: Die Jugendlichen sollen ein Gefühl dafür bekommen, mit welcher Geschwindigkeit und welchem Abstand man seinem Vordermann bei hohem Tempo sicher hinterherfahren kann“, erklärt Prenissl. Mit 110 km/h fahren die Jugendlichen auf der Landebahn einander hinterher – damit nichts passiert, natürlich versetzt. Kaum ein Bremsmanöver wäre dabei gut ausgegangen, die meisten kommen erst neben ihrem Vordermann zum Stehen.

Am Ende ziehen alle ein positives Fazit, auch Robert Anzenberger ist zufrieden. Er freut sich, dass dank der Kostenübernahme der Kommunalen Unfallversicherung Bayern der Aktionstag eine feste Einrichtung im Landkreis Passau geworden ist. Auch Kreisbrandinspektion, Landkreis Passau und Stadt Vilshofen haben die Kreisjugendfeuerwehr unterstützt. Landrat Raimund Kneidinger, sein Amtsvorgänger Franz Meyer und Vilshofens stellvertretender Bürgermeister haben am Samstag beim Aktionstag vorbeigeschaut und sogar eine Mitfahrt gewagt. „Ohne die Unterstützung von Seiten der Politik ginge es nicht“, sagt Robert Anzenberger.

Fotos und Text: Sabine Süß sas-Medien

Welchen Wendekreis hat ein Auto beim Rückwärtsfahren? Das einzuschätzen fiel den jungen Feuerwehrleuten gar nicht so leicht – sie stellten ihre Hütchen in zu weitem Abstand auf
Auf rutschigem Untergrund ausweichen ist gar nicht so einfach: Bei diesem Test lernte manches Hütchen fliegen.
Achtung, Wildwechsel: Eigentlich reagiert Mario Edholzer mit 0,6 Sekunden recht schnell auf das Reh vor sich auf der Straße. Doch unter dem Einfluss von 1,6 Promille war er auch nur mit 31 km/h unterwegs – wegen seiner unsicheren Fahrweise hätte ihn die Polizei schon längst aus dem Verkehr gezogen, teilt ihm Fahrlehrer Michael Prenissl (hinten) mit.
Daumen hoch nach einem lehrreichen Aktionstag: Die 27 Jugendlichen und ihre Ausbilder ziehen ein positives Fazit.